Nr.2 Oktober 2013 - page 35

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RIGI
NAL
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Langsam erklimmt die Herbstsonne den
Gipfel des Dossen und ihr goldenes Licht
streicht sanft über die Südflanke des Rigi-
bergs. Sie spiegelt sich in den Jagdhörnern
der vier Bläser, die da auf einer Kuppe
leicht erhöht stehen. Daneben im Halb-
kreis: Ein dutzend Männer – farblich in
grün bis olive gekleidet. Hut, Bergschuhe,
Rucksack. Einige von ihnen haben eine
Flinte geschultert, andere tragen leuchtfar-
bene Warnwesten und einen robusten
Wanderstock. Zwei Hunde zurren aufge-
regt an ihren Leinen und haben offensicht-
lich Mühe, sich dem dominanten «Sitz!»
ihres Meisters zu unterwerfen. Da erschal-
len die Hörner und andächtig lauschen die
Männer den Klängen, die ihnen verkünden
worauf sie nun lange gewartet haben: Die
Herbstjagd ist eröffnet!
Die Jagdgesellschaft Weggis besteht aus 11
Pächtern und 2 ständigen Gästen. Sie be-
wirtschaften zusammen das Revier auf
dem Gemeindegebiet von Weggis zwischen
Zinne und Rigi Rotstock. Dabei verschlingt
nicht die Jagd, sondern die Hege und Pfle-
ge des Reviers und des Wildbestandes die
meiste Zeit. Im Frühling schreiten die Jä-
ger vor den Mähmaschinen der Bauern um
junge Rehkitze vor den gefährlichen Klin-
gen zu retten und durch systematische
Zählungen werden die Wildbestände er-
mittelt. Im Sommer greifen die Jäger selber
zur Sense und mähen die steilen Waldlich-
tungen um diese vor dem Verwuchs zu
schützen. Im Herbst werden Futterkrippen
aufgestellt und Salzlecksteine im Wald ver-
teilt, an denen sich das Wild laben kann,
um wichtige Mineralsalze für den Winter
aufzunehmen. Die Jäger werden aber auch
gerufen, wenn privater Bedarf besteht.
Etwa, wenn sich ein Marder auf einem
Dachstock eingenistet hat oder ein Reh
von einem Auto angefahren wird. Dazwi-
schen kommt der Ansitz auf einen Som-
merbock oder die Pirsch auf den Fuchs.
Doch am 1. Oktober beginnt das, worauf
sich die Waidmänner am meisten freuen:
Die gemeinsame Niederwildjagd.
Der Obmann der Gesellschaft stellt sich
nun vor die Gruppe und begrüsst die Ka-
meraden der Hierarchie nach, wobei die
Hunde ganz knapp vor den Treibern aufge-
führt werden – dies als lustig gemeinter
Seitenhieb gegen die Treiber. Es werden
noch einige solcher «Müsterchen» folgen.
Die Treiber nehmen es gelassen – sie sind
selber nicht auf den Mund gefallen.
Unterwegs mit den Weggiser Jägern
Text & Fotos: Markus Wolfisberg
Waidmann’s Heil
am Rigiberg
Die «Befehlsausgabe» vor dem Trieb.
Mysthische Jagd und einmalige Ausblicke.
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